Kurs Infektionsvermeidung bei COPD – Lektion 3
Impfungen
Schutzimpfungen gehören zu den wichtigsten und wirksamsten präventiven Maßnahmen, die in der Medizin zur Verfügung stehen.
Wovon hängt ab, wie lange der Impfschutz jeweils hält?
Wie lange der Impfschutz hält, ist zum einem vom Impfling selbst zum anderen von der Art und Zusammensetzung des jeweiligen Impfstoffes abhängig.
Sehr viel hängt vom „verimpften“ Antigen ab und von den Signalen, die dieses Antigen bei Kontakt mit dem Immunsystem auslöst. Zahlreiche Faktoren, wie Rezeptoren an den Immunzellen, induzierte Botenstoffsignale und nicht zuletzt auch das „Überleben“ des Antigens nach den Attacken der unspezifischen Abwehr machen die immunologischen Induktionsvorgänge hoch variabel. Jede Impfung bewirkt beim Impfling eine immunologische Reaktion, die bei jedem Impfstoff anders ausfallen kann. Sie ist sehr wesentlich vom allgemeinen Gesundheitszustand und von der aktuellen Immunitätslage abhängig.
Eine der bedeutendsten biologischen Veränderungen, die während des menschlichen Alterns auftritt, ist die Immunseneszenz, die durch eine fortschreitende Funktionsabnahme des Immunsystems charakterisiert ist und die Impfeffizienz bei älteren Menschen reduziert, d.h. der Impferfolg und damit das Ausmaß und die Dauer des Impfschutzes nehmen ab.
Verkürzte Immunisierungsintervalle und neue Impfstrategien können dem entgegenwirken. Aber auch chronische Erkrankungen wie z. B. Leber – und Niereninsuffizienz, Tumore, HIV, Autoimmunerkrankungen und eine Reihe von Medikamenten (z.B. hochdosierte immun-suppressive Therapien) beeinflussen das Abwehrsystem und damit seine Funktion.
Lebendimpfstoffen
Lebendimpfstoffe sind Impfstoffe, welche lebende und vermehrungsfähige Erreger enthalten, deren Krankheitspotential derart abgeschwächt ist, dass bei gesunden Personen keine Erkrankung ausgelöst wird. Die Einbringung eines solchen Erregers in den menschlichen Organismus gleicht somit einer natürlichen Infektion und daher hält der Schutz nach Lebendimpfungen sehr lange und ist besonders „hochwertig“.
Totimpfstoffen
In Totimpfstoffen befindet sich kein vermehrungsfähiges Material, sie enthalten abgetötete Erreger oder Teile von diesen. Den meisten Totimpfstoffen werden zur qualitativen und quantitativen Verstärkung der Immunantwort sogar Hilfssubstanzen („Adjuvantien“) zugesetzt. Totimpfstoffe sind sehr unterschiedlich in ihrer Zusammensetzung und ihre Verabreichung reicht von einer Einmalgabe bis zu einer mehrteiligen Immunisierung.
Influenza
Die Influenza, auch „echte“ Grippe genannt, ist keine einfache Erkältung, sondern eine ernstzunehmende Erkrankung, die vor allem für ältere Menschen, chronisch Kranke oder Schwangere schwerwiegende Folgen haben kann. Da sich Influenzaviren ständig verändern, sollte die Grippeimpfung jährlich, idealerweise im Oktober oder November, erneuert werden.
Eine Variante von Influenza A-Virus konnte als Auslöser der so genannten „Spanischen Grippe“ 1918/1920 nachgewiesen werden.
Das Influenza B-Virus ist praktisch nur beim Menschen anzutreffen.
Aufgrund geringer Veränderungen in der Erbinformation (Punktmutation) der Influenza-Viren kommt es zu neuen Virusvarianten. Verändern sich hierbei die Oberflächenstoffe Hämagglutinin (H) und Neuraminidase (N) spricht man von einer Antigen-Drift. Die neuen Varianten bleiben mit dem ursprünglichen Virus verwandt, weisen aber veränderte Eigenschaften auf.
Diese neuen Varianten sind für lokalisierte Ausbrüche und mehr oder weniger schwere Epidemien verantwortlich.
Schuld an der Gendrift sind Enzyme, die nachlässig arbeiten. Diese so genannten Polymerasen bringt das Grippevirus mit. Es braucht die Eiweiße, um sich und sein Erbgut zu vervielfältigen. Viren-Polymerasen kopieren schlampig. Beim Vervielfältigen passieren deshalb „Fehler“.
Weil die Polymerasen so ungenau kopieren, ändern sich nach und nach die Gene von Viren – die Gene driften. Gegen diese Varianten wirken die bereits vorhandenen Abwehrstoffe des Immunsystems nur bedingt. Der Körper muss sich daher immer wieder neu mit den Erregern auseinandersetzen. Das ist auch der Grund, warum wir jedes Jahr erneut an einer Influenza erkranken können.
Die zweite Möglichkeit einer Veränderung besteht darin, dass durch Austausch ganzer genetischer Elemente neue Viren (Subtypen) entstehen können. Ist z. B. eine Wirtszelle von Mensch, Vogel oder Schwein mit zwei unterschiedlichen Subtypen des Influenza-A-Virus gleichzeitig infiziert, können diese ihre genetischen Informationen austauschen, sodass völlig neue Mischviren entstehen. Diese neuen Viren besitzen ein völlig neu kombiniertes Erbmaterial und damit neue Eigenschaften. Diese so genannte Antigen-Shift tritt nur bei Influenza-A-Viren auf, die sich schnell ausbreiten und zu länderübergreifenden Pandemien führen können.
Die Grippeimpfung wird normalerweise gut vertragen. Zu den möglichen Nebenwirkungen gehören Hautreaktionen an der Einstichstelle, wie Rötung, Schwellung und Schmerzen. Sie sind harmlos und klingen ohne Therapie nach wenigen Tagen ab.
Im Fall einer besonders starken Immunreaktion kann es in seltenen Fällen zu Fieber, Muskel- und Kopfschmerzen sowie einem allgemeinen Krankheitsgefühl kommen. Sehr selten können im Fall einer Allergie Ausschläge, Ödeme oder Atembeschwerden sowie ganz selten eine allergische Sofortreaktion (anaphylaktischer Schock) auftreten. Bei jedem millionsten Patienten tritt das Guillain-Barré-Syndrom, eine neurologische Erkrankung, auf.
Weitere ausführliche Informationen befinden sich im Beipacktext des jeweiligen Impfstoffes.
Pneumokokken
Fast jeder zweite Erwachsene beheimatet Pneumokokken-Bakterien im Nasen-Rachenraum. Während die Bakterien bei manchen Menschen keine Krankheiten auslösen, verursachen sie bei anderen Menschen verschiedene Krankheiten wie Lungenentzündungen oder Hirnhautentzündungen.
Zurzeit sind über 95 verschiedene Pneumokokken-Serotypen bekannt, wovon etwa 23 Serotypen für 90% der folgenden Erkrankungen verantwortlich sind:
- Meningitis
- Sepsis (Blutvergiftung mit Multiorganversagen)
- Lungenentzündung
- Mittelohrentzündung
Einige dieser Erkrankungen können lebensbedrohlich verlaufen. Besonders gefährdet sind Menschen mit geschwächtem Immunsystem.
Fast jeder zweite Erwachsene beheimatet die gefährlichen Bakterien im Nasen-Rachenraum – auch gesunde Erwachsene. Übertragen werden die Erreger durch Tröpfcheninfektion, d.h. durch Niesen und Husten. Pneumokokken-Erkrankungen sind in Österreich häufig, werden jedoch eher selten als solche erfasst. Angesichts der Schwere und der Häufigkeit zählen sie zu den bedeutendsten Infektionserkrankungen. Sie sind zwar mit Antibiotika behandelbar allerdings nehmen Resistenzen zu, so dass diese Medikamente schlechter wirken. Der Schutz durch die Impfung wird daher immer wichtiger.
Für Personen aller Altersgruppen mit erhöhtem Risiko ist die Impfung besonders dringend empfohlen. Dazu zählen u.a. Personen mit
- Funktionelle oder anatomische Asplenie = fehlende Milz , Sichelzellanämie, andere schwere Hämoglobinopathien
- Angeborene oder erworbene Immundefekte wie HIV-Infektion
- Cochlea-Implantat oder Liquorfistel
- Vor Organtransplantation, nach Stammzelltransplantation, bei nephrotischem Syndrom, vor Beginn einer immunsuppressiven Therapie
- Chronische Krankheiten wie z.B. Krankheiten der blutbildenden Organe, neoplastische Krankheiten, Herz-Kreislauf-Krankheiten (außer Hypertonie), Krankheiten der Atmungsorgane (Asthma, Emphysem, COPD), Diabetes mellitus oder andere Stoffwechselkrankheiten, Leberzirrhose, chronische Niereninsuffizienz
Die Immunisierung gegen Pneumokokken sieht eine zweimalige Gabe vor. Im Idealfall zuerst mit dem 13-valenten konjugierten Impfstoff und nach ≥1 Jahr mit dem 23-valenten Polysaccharidimpfstoff . Danach sind im Moment keine weiteren Nachimpfungen empfohlen.
Schwere Nebenwirkungen sind selten. Eine allergische Reaktion (z. B. Nesselsucht) ist möglich. Weitere ausführliche Informationen befinden sich im Beipacktext des jeweiligen Impfstoffes.